Rotgestrichte Wiener Hochflugtauben
Unter den Hochflugtauben ist der Wiener Hochflieger wohl eine der bekanntesten Rasse. Denn sein reissender Flug, mit schnellem Aufstieg bis in Flimmerhöhe und sein Schwenkflug mit Achterschleifen die geflogen werden, begeistern wohl jeden Naturfreund.
Vor allem die Hellstörche, haben diese Tauben weltberühmt gemacht.
Neben den Hellstörchen finden wir auch noch Kranzhalsige, Schimmel, Einfarbige und eben Rotgestrichte unter diesen Tauben.
Da es sich bei Rotgestrichten Wiener Hochflieger, sofern rein gezüchtet, um einen eigenständigen Typ handelt, möchte ich diesen einmal näher vorstellen.
Die Grundfarbe der Rotgestrichten ist ein milchiges zartes weiss. Nur die Flügel werden von 2 roten Binden geziert. Auch zeigen die meisten Tiere im Halsgefieder und auf dem Kopf einige rote Federn. Farbgenetisch betrachtet ist der Rotgestrichte Farbenschlag einfach zu erklären. Es handelt sich um Tauben mit Rotfahler Grundfarbe ( dominant rot ) und einem Schimmelfaktor in Reinerbigkeit. Stehen die Rotgestrichten im direkten Vergleich neben den Hellgestorchten, so sieht man sofort, dass es sich um zwei verschiedene Typen handelt. Die Rotgestrichten sind im Typ stärker und grösser. Auch ist der Kopf meistens etwas runder als der eines Hellgestorchten. Im Flug unterscheiden sich beide Typen auch ein wenig. So fliegen die Rotgestrichten meistens etwas ruhiger als die Hellgestorchten.
Aber von wo kommen nun diese kleinen Unterschiede und wie kommt eigentlich dieser Farbenschlag zu den Wiener Hochfliegern? Denn in alter Fachliteratur wird bei den „Wiener mittelschnäbligen Tümmler“, wie er damals auch genannt wurden immer nur von Hellstörchen, Dunkelstörchen, Blauen, Gedachelten, Kiebitzen und Farbgestorchten gesprochen.
Man muss da gut 100 Jahre zurückblicken, um die Entstehung dieses Farbenschlages zu erklären.
Rotgebänderte Prager Hochflieger
Um 1900 herum wurden in Wien auch Prager Hochflieger in „rotgebändert“ gezüchtet. Zu dieser Zeit wohnten viele Menschen, die ihren Ursprung in Böhmen hatten, in Wien. Diese hatten wohl ihre Tauben damals nach Wien mitgebracht. Ausser dass der Prager Hochflieger einen etwas kürzeren Schnabel hat und im Kopf etwas runder ist, unterscheidet er sich von einem Wiener Hochflieger kaum. Durch die ohnehin nahe Verwandschaft des Prager Hochfliegers ist auch ihr Flugstiel fast derselbe. Auch die Prager fliegen in fest geschlossenen Schwärmen 1 – 2,5 Std. in grosser Höhe, nur eben etwas ruhiger als die Wiener Hochflieger. So konnte der Prager in die damaligen Wiener Hellstörche eingekreuzt werden, ohne dass der „Wienertyp“ gross verändert wurde. So entstanden dann im laufe der Jahre die Rotgestrichten Wiener Hochflieger. Noch bis in die 20 er Jahre des letzten Jahrhunderts wurden die Rotgestrichten Wiener Hochflieger teilweise auch „Prager“ genannt. Um 1930 wurden sie dann definitiv in die „Wienerfamilie“ eingemeindet. Dies erklärt nun, warum die Rotgestrichten Wiener Hochflieger eine etwas andere Figur und einen leicht abweichenden Flugstiel gegenüber den hellgestorchten haben.
Einer der bekanntesten Züchter dieses Farbenschlages, war Johann Schlossnickel, Wien. Von den 30 er bis in die 90 er Jahre des letzten Jahrhunderts, züchtete er ohne Fremdeinkreuzung diesen Farbenschlag. Noch heute werden von einigen Züchtern „Schlossnickel“ Wiener Hochflieger ohne Fremdeinkreuzung rein weitegezüchtet, damit dieser einmalige alter Stamm der Rotgestrichten, nicht verloren geht. Auch im Tiergarten „Schönbrunn“, in Wien, werden rotgestrichte „Schlossnickel“ Wiener Hochflieger rein weitergezüchtet. Dort werden sie bei gutem Wetter zum Flug aufgelassen und können ihren bestechenden Hochflug den Zoobesuchern vorführen.
Was auch noch erwähnenswert ist, dass unter den Rotgestrichten auch immer wieder Hellstörche mit Binden fallen. Diese , auch „Dunkelgestrichte“ genannt werden gerne in die Rotgestrichten eingekreuzt. Es ist sogar von Vorteil, Dunkelgestrichte in die Zucht einzubauen, da der Rotgestrichte Farbenschlag tendenziell immer heller wird.
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass auch beim Rotgestrichten Farbenschlag beim Wiener Hochflieger an erster Stelle die Flugleistung stehen muss. Denn am schönsten sind diese auch, wenn sie in scharfen Wendungen und schnellem Spiralflug in den Himmel aufsteigen und nur noch als kleines weisses flimmerndes „Wölklein“ auszumachen sind. Solche Momente sind für jeden Hochflugtauben Züchter das höchste der Gefühle.
Peter Reinhard, Juni 2014