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Flugleistung und Wettbewerb

Stolz auf seine Tauben und ihre Leistungen zu sein, wenn sie bei Wettbewerben hohe Punktzahlen erreichen, so ist dies eine wunderbare Gelegenheit, seine Tauben zu würdigen, anstatt sie alleine im Verborgenen seines Taubenschlags zu betrachten.  Flugwettbewerbe in Flugvereinen sind die eine Sache, objektiv zu bleiben und eine gewisse Zurückhaltung zu bewahren, wenn man über die Heldentaten seiner Tauben spricht, das andere. Gegenüber dem Vergnügen, sie alleine fliegen zu sehen und sie einzuschätzen,  ist ein in einem Wettbewerb  erzieltes Ergebnis, ein handfester Beweis für die erbrachten Flug-Leistungen des jeweiligen Flugtauben-Stammes.

Nicht nur mit Brieftauben, sondern auch mit Hochflieger- und Kunstflugtauben haben wir schon immer Flugwettbewerbe veranstaltet.  Vielleicht neigen wir dazu, dies zu vergessen, indem wir unsere Tauben nur zum Spaß halten, obwohl sie doch Athleten sind, die für Sportveranstaltungen geschaffen sind. Wenn der Geist des Wettbewerbs in seiner anregenden und edelsten Form verloren geht, besteht die Gefahr des Desinteresses an Flugturnieren und Wettflügen darin, dass die Qualitäten der Tauben auf Dauer nachlassen und sie ihre ursprünglichen Fähigkeiten verlieren können, die ehemalige und aktuelle Züchter über Jahrhunderte zu festigen versuchten.

Wie jede Sportdisziplin brauchen auch die Flugtauben einen Trainer. Hier kommen wir ins Spiel, und dies begann  mit der Zucht von Tauben, die in der Lage sind, die Leistungen zu erbringen, die wir von ihnen erwarten. Es versteht sich von selbst, dass die Zucht und Ausbildung der Tauben nach den Flugvorschriften schwieriger ist als ohne ein genau festgelegtes Ziel. Obwohl die Wertungsordnungen in erster Linie der Beurteilung dienen, sind sie auch ein Leitfaden, um seine Zucht in die richtige Richtung zu lenken.

Ohne gute Tauben kann es lange dauern, bis wir über Leistung sprechen können. Die begehrten Elitetauben werden nur selten zum Verkauf angeboten und sind schwer zu bekommen, deshalb ist es besser die Tauben beim Fliegen zu sehen und nicht nur nach Erzählungen einzuordnen. Wenn sie während einer Meisterschaft oder eines Heimwettbewerbs hervorragende Tauben bei der Arbeit sehen und der Züchter sich bereit erklärt, ihnen die eine oder andere dieser Spitzentiere zu geben, kann man sagen, dass ihnen das Glück zugelächelt hat. Es ist klar, dass wir uns nicht in der Brieftauben-Welt befinden, wo alles auf Verkaufs- und Auktionsseiten gekauft und verkauft wird.

In unserem Umfeld bietet ihnen entweder ein befreundeter Züchter hervorragende Tauben an oder sie züchten sie selbst. Dies kann mit Vögeln guter Qualität und einer durchdachten, gezielten Paarung erreicht werden.

Mit tiefgründiger Arbeit und Ausdauer müssten gute Tauben entstehen. Selektion und Genetik, diese Worte hat jeder Züchter auf den Lippen, aber bei Flugtauben ist es komplizierter, als nur nach Aussehen und Farben zu züchten, weil die sportlichen Fähigkeiten eine Domäne sind, die für jede Rasse oder sogar jede Taube spezifisch ist, deren Ergebnis man nur  erkennt, wenn sie im Einsatz sind, was eine bestimmte Zeit braucht, Wochen, wenn nicht Monate, oder je nach der Rasse gar ein Jahr dauern kann.

Um wissenschaftlich und detailliert über Vererbung, genetische Selektion und Übertragung der Gene zu sprechen, sind beste Kenntnisse erforderlich, über die ich nicht verfüge. Für diejenigen, die ihr Wissen auf diesem Gebiet vertiefen möchten, gibt es genügend Literatur. Natürlich habe ich informative Kapitel über Genetik gelesen, aber meine eigene Vorstellung  ist relativ einfach und grundlegend. Ich paare die Besten mit den Besten zusammen, aus Linien, die sich gut bewährt haben. Ich züchte und bilde meine Wiener Hochflugtauben nach einem Ziel aus, von dem ich nie abweiche: Robuste Tiere, Leistung und Flughöhe stehen im Vordergrund. Wenn mir das typische Fliegen und das Erscheinungsbild meiner Tauben  am Herzen liegt, sind es die spezifischen Gene, die es ermöglichen bei meinen Fliegern   die extreme Flughöhe zu erreichen und diese so lange wie möglich  zu halten.

Bei den Kunstflugtauben sind es die Gene, die für die Qualität der Figuren, Rollen und die perfekt ausgeführten Saltos bestimmend sind, und die größte Aufmerksamkeit erregen müssen. Bei den berühmtesten Rassen, die uns unverfälscht überliefert wurden, sind diese Gene normalerweise über Generationen hinweg fixiert. Es ist unsere Pflicht, dieses Erbe nicht zu zerstören, weshalb wir die Stämme und Abstammungslinien, die uns am Herzen liegen, rein bewahren sollen. Jeder Züchter hat seine persönlichen Vorstellungen und seine eigene Art, mit seinen Tauben umzugehen. Selbst funktioniere ich vorwiegend nach Instinkt und Intuition, aber mit genauen Regeln. Die Erfahrung jahrelanger Praxis und Teilnahme an Flugwettbewerben haben einige vorhandene Theorien ersetzt. Allerdings lese ich alles, was ich zum Thema Sporttauben in die Finger bekommen kann, aber das Schönste und Interessante für mich heutzutage sind neuen Flugexperimente und die Analyse dessen, was ich Tag für Tag sehe, um das Notwendige als Schlussfolgerung herauszufinden.

Was das übertragene genetische Potenzial bei Tauben so wichtig macht, ist die Tatsache, dass ohne die Prägung diese besonderen spezifischen Gene den Rest des Flugerfolges ungewiss machen.  Der Rest ist das Erwerben und Selbstlernen bei den Tauben auf natürlicher Weise. Tauben lassen sich leicht beeinflussen, so dass sie sich alles einprägen, was sie sehen und erleben. Jede Handlung unsererseits wird schnell mit positiven oder negativen Auswirkungen erfasst, die zu Gewohnheiten führen können, die, ob gut oder schlecht, zur Routine werden und nur schwer oder gar nicht mehr zu korrigieren sind.

Es ist die Verschmelzung dieser Errungenschaften mit dem weitergegebenen genetischen Erbe der Eltern, aus dem durchschnittliche Tauben, gute Tauben, Elitetauben oder schlimmstenfalls sportlich ungeeignete Tauben entstehen. Im Grunde ist es egal wie sehr wir nach der besten genetischen Gleichung suchen oder versuchen mit allen möglichen Tricks und ausgefeilten Futterrezepten alles zu perfektionieren. Wir werden  immer auf diese einfache Beobachtung zurückkommen. 

 Bei einem Flugwettbewerb scheinen zwei Dinge wesentlich wichtig: 

1) Gutes akrobatisches Potenzial bei den Kunstflugtauben und bei den Hochfliegern; die Fähigkeit, große Höhen zu erreichen  und zu halten.

2) Die Flugzeit

Bei Rollern und Purzlern war die lange Flugzeit früher viel geschätzter und begehrter als heute. Allerdings halten einige Kunstflugtauben die 60-Minuten der Kunstflugordnung gut durch, wenn nicht, fliegen sie sogar durch. Aus heutiger Sicht scheint das schon eine lange Zeit zu sein, aber ich erinnere mich an alte Stämme von orientalischen und Birmingham Rollern (Ursprung USA und Kanada), die öfter einen dreistündigen Flug absolvierten.

Abgesehen aus organisatorischen Gründen einer Meisterschaft, mag die auf 30-Minuten festgelegte Flugdauer bei Tauben, die auf dem Flugkasten fliegen, etwas dürftig erscheinen, da sie wahrscheinlich  in der Lage wären, höhere Ergebnisse zu erzielen, wenn wir den Flug auf natürliche Weise ablaufen lassen würden, beispielweise keine Droppertauben (Locktauben) einsetzen würden.  

Bei einer Hochflugabnahme sollten die Tauben unbedingt größte Höhen erreichen und dort so lange wie möglich bleiben. Ich spreche hier von Punkthöhe: Kein sichtbarer Kopf oder Schwanz oder Flügelschlag ist dort in dieser Höhe zu erkennen.

Die sogenannte unsichtbare Höhe gilt für viele Amateure als das Non plus Ultra des Höhenflugs. Dies ist nicht meine Meinung, da ich die Unsichtbarkeit von Tauben in einem Live- und vor allem visuellen Spektakel für unwillkommen halte.  Natürlich, wenn sich die Hochflugtauben jedoch dazu entschließen, in unsichtbare Höhen aufzusteigen, gibt es keine Möglichkeit, sie aufzuhalten, denn es handelt sich immer um Tauben, die den Rausch der Höhe in sich verankert haben und in Topform sind. Sicherlich lässt die Unsichtbarkeit den Adrenalinspiegel hochsteigen, aber Tauben zu lange außer Sichtweite, da wird es stressig.  Das Einzige, was ich in diesem Fall gefunden habe, ist, ein zweites Team freizulassen, um die unsichtbaren Tauben eine Stufe herabzuholen, mit der Gefahr, dass sich die beiden Formationen vermischen und zusammen ebenfalls außer Sicht zu gehen, wie es mir bereits bei den Wienern passiert ist. Dropper  in niedriger Höhe fliegen lassen wie das  bei den Sturzflugtauben üblich ist, funktioniert bei unsichtbar fliegenden Wienern normalerweise nicht. Im Wettflug würde sowieso die Beurteilung direkt beendet, da das Starten von Droppertauben den Wettflug beendet. Der Flug, die Punktvergabe wäre dann beendet. Lange Flugzeit bedeutet Ausdauer, könnte man sagen. Bei Luftakrobatik-Wettbewerben ist eine gute Ausdauer für die korrekte Ausführung, Anzahl, Dichte und schnelles Rollen und   Saltos oder anderen Figuren angebracht. 

Wir wissen ungefähr, wie lang die eigenen Tauben im Durchschnitt fliegen können, aber da alle Flüge von den Wetterbedingungen und der aktuellen Greifvogel-Situation abhängen, sind diese Faktoren ald Ganzes nicht vorhersehbar. Allerdings können wir bei einem Wettbewerb immer versuchen, die Flugzeit zu verlängern und dafür mangelt es nicht an Theorien, Rezepten, großen und kleinen Geheimnissen.

Ich möchte kein Geheimnis preisgeben, sondern nur meine Art und Weise vorschlagen. Nichts ist für einen Trainer normaler als seine Tauben dazu zu bringen, im Wettkampf besser zu fliegen. In diesem Stadium mit meinen eigenen Tauben müssen sie schon etwas vor dem Wettflugtag derartige Leistungen zeigen. Der letzte Schritt besteht darin, die Tauben zu ermutigen, den Flug so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Die beiden Dinge, die ihnen helfen können, sind die Flugabstände (Ruhephasen) und die Fütterung zum günstigsten Zeitpunkt vor dem eigentlichen Start. Hierzu ist es gut, die Verdauungszeit der Tauben zu kennen, deren gesamter Prozess etwa 5 bis 6 Stunden dauert. Die gespeicherte Energie wird so von den Tauben während des Fluges optimal genutzt. 

Mit einer erheblichen Ruhezeit zwischen den Flügen erhöht sich die Flugzeit natürlich. Im normalen Training lasse ich meine Wiener Hochflugtauben jeden zweiten Tag frei, was ausreicht, um die nötige Ausdauer zu erlangen. Bei einem Wettflug oder einem reinen Leistungsflug haben die Tauben drei Ruhetage, nach meinem inneren Gefühl manchmal sogar vier Tage. 

Bestimmte Rassen verbrauchen mit ihrem wendigen und schnellen Flug viel Energie. Dies ist der Fall beim Wiener Hochflieger. Ich serviere ihnen die ganze Flugsaison über ein leichtes, aber reichhaltiges Futter in einer einzigen Mahlzeit von etwa 20 g pro Taube am Abend; bei anderen Rassen oder nach der Jahreszeit, Mauserstand, ist eine Anpassung der verteilten Getreidemenge erforderlich. 

Während dieser 3 bis 4 Ruhetage vor dem Wettkampf ändere ich die Zusammensetzung der Mischung nicht mehr und gebe keine kleinen aufregenden Samen wie Hanf oder Raps, wie ich es früher getan habe. Dadurch werden die ohnehin schon von Natur aus nervösen Wiener nur überreizt, so dass sie ihre Energiereserven schneller aufbrauchen, indem sie verrückter fliegen und walzen, anstatt gelassener, aber typisch  zu fliegen wie es bei den Wiener Hochflugtauben  üblich ist,  wodurch sie in diesem Fall weniger lange durchhalten, also genau das Gegenteil des angestrebten Ziels zeigen. Ein Hochflug-Wettbewerb ist nicht der beste Zeitpunkt für eine Demonstration von Flugstil und Eleganz; es ist die extreme Höhe und beste Leistung, die wir anstreben.. 

Deshalb füttere ich am Abend vor einem Wettflug bis zur vollständigen Sättigung, was in der Nacht verdaut wird und die so gespeicherte Energie von den Tauben zum Fliegen am nächsten Morgen genutzt wird. Da der Kropf am Abend gut gefüllt ist, füttere ich am nächsten Morgen nichts mehr. Die Tauben fliegen mit leerem Magen, aber doch nicht mit Hunger.Vor dem eigentlichen Auflassen morgens am Wettflugtag füttere ich nichts. Das Risiko besteht darin, dass die Tauben noch einmal fressen und  während des Fluges erneut verdauen, was sie eher dazu verleiten würde, eher  zu pausieren  als zu fliegen. Wer ihnen vor der Freilassung doch noch was geben möchte, sollte wenig, sehr leichtes Futter geben. Ein wenig Hirse oder trockenes, mit dem Fuß zerdrücktes Brot, wie ich es zufällig bei sehr heißem Wetter getan habe, kann man geben. Nur, dass Tauben daraufhin etwas trinken bevor es an das eigentliche Fliegen geht.  Sobald die Außentemperatur ansteigt, fliegen manche Tauben nicht mehr gut und wenn man ihnen vor dem Freilassen etwas zu trinken gibt, kann dies verhindern, dass sie ihren Flug aufgrund von Durst verkürzen. 

Wie sie sehen, kein Wunderrezept. Eine plötzliche Änderung der Gewohnheiten bei Tauben, die das nicht besonders mögen, ist oft eher kontraproduktiv als förderlich.

Bei Akrobaten steht bei Wettkämpfen die Dauer des Fluges an sich nicht im Vordergrund. Die gespeicherte Energie muss für den reinen Kunstflug, das Rollen und die Saltos viel mehr genutzt werden als für die Langzeitflüge. Allerdings muss die Beziehung zwischen der Flugzeit und der Anzahl der jeweiligen Kunstflugfiguren   berücksichtigt werden.  Die Zahl an rollen oder figuren allein sagt nicht zwangsläufig etwas über die beste Taube aus, wenn man nicht auch die Zeit berücksichtigt, die sie für ihre akrobatischen Figuren benötigt.

Nachdem man alles getan hat, um gute Leistungen zu erzielen, ist keine Taube vor dem Scheitern sicher. Die Besten können genauso schnell erkranken wie die Schlechteren, manche Flieger können schnell verkümmern und die Lust am Fliegen verlieren. In diesem Fall haben wir die Möglichkeit, Abhilfe zu schaffen, während wir oft auch unter Raubvogelangriffen leiden und nichts dagegen ausrichten können. Kommt es während eines Wettkampfes zu einem Angriff auf ein Dreiertrupp und kommt dabei eine der Tauben ums Leben, ist der Flug beendet. Bei Hochflugtauben kann der Wettbewerb fortgesetzt werden, solange die Hälfte der Tauben weiterfliegt, außer dass der Enthusiasmus, den die Tauben zu Beginn in den Flug gesteckt haben, oftmals zunichte gemacht wird und das Endergebnis beeinträchtigt wird. Unter anderem ist dies einer der Gründe, der zur Verschlechterung des Wettfluges führt.  

Man kann vielleicht doch versuchen, zu konkurrieren, indem wir den Moment wählen, in dem die Raubvögel etwas ruhiger sind, obwohl nichts weniger sicher ist. Ich finde ein guter Zeitpunkt für die Durchführung eines Wettfluges ist eben zu der Zeit im April und Mai so lange die Falken Nester bauen und brüten, auf jeden Fall vor der Geburt der jungen Falken. Danach wird es mit der aufwachenden Wildheit und dem Jagen der Eltern sehr  kompliziert.

Aus diesem Grund habe ich dieses Jahr schon im Januar mit der Zucht begonnen, um im März Junge auf den Flügeln zu haben. Da sie im April gut flogen, absolvierte ich am 20. April einen ersten Wettflug mit gültiger Wertung, bei dem die Wiener ein gutes Ergebnis zeigten mit einer Flugzeit von 4 Stdn. 13 Min davon fast 1/3 der gesamte zeit in Preishohe. Normalerweise mache ich Wettfluge im Juni/Juli/August und frage mich immer noch, warum ich mich auf diesen Zeitraum konzentriere, der eigentlich nicht der günstigste für Wettflüge ist, zwischen immer größeren Hitzeperioden, Anfang der Mauser und Greifvögeln in voller Aktivität. Das erhaten der alte Jauker Tradition Warscheinlich!.  

Ja, der Brauch ist zu einer Gewohnheit geworden, die sich durch die jahrelange Wiederholung so weit im Gewissen und der Vorstellung der Züchter verankert hat. Doch ist heutzutage alles anders geworden in einer Verukt geworden Welt so dass man nur staunen kann das  der Hochflug und Kunstflugtaubensport immer noch ein fantatisches hobby ist und bleibt, unabhängig vom Alter und der Art und Weise, wie wir es erleben.

 Roby LUNG 

 

Standpunkt-Leidenschaft ist unsere treibende Kraft!

Anmerkung des Administrators:

In der neuen Rundschau des Deutschen Hochflug Club e.V DHC,   hat unser werter Zuchtfreund, Flugrichter und Mitglied unserer Vereinigung VSF,      Roby Lung, seinen neuen Beitrag veröffentlicht, den ich euch, da auch mir das Thema sehr nahe steht, unbedingt zur Lektüre empfehlen möchte.

 

Standpunkt-Leidenschaft ist unsere treibende Kraft! 

Jeder Züchter versucht ständig sein Wissen über die Tauben zu erweitern. Eine gute Synthese ist willkommen, ja notwendig, wenn man das Beste aus seiner Lieblingsrasse herausholen will. 

Das freie Fliegen ist mit mehr Gefahren durch den Klimawandel verbunden, stärker als nie zuvor und seine Folgen und die häufigen Greifvogel-Angriffe stören ständig unsere besten Pläne. 

Deshalb ist es klar, dass jede fliegerische Tatsache schnell in Frage gestellt werden kann. Ich habe mich auf diesen Gegebenheiten eingestellt und bin mittlerweile mit meinen Wiener Hochflugtauben zu mehr Kompromissen bereit. Es ist keine Schande seine verankerten Meinungen, Theorien und Prinzipien zu überdenken. Für eine Betrachtung ohne vorgefasste Meinungen ist eine innere Offenheit notwendig. Lassen wir uns unser Hobby etwa neu erfinden, indem wir neue Energie tanken und über den Tellerrand der Fliegerei hinausschauen. 

Es gibt genug Ursachen, die uns zwingen, unsere Entwürfe und Pläne zu ändern. Angefangen mit persönlichen Problemen wie Gesundheit oder aufkommende Altersschwäche des Züchters, ein Umzug, Platzmangel für die Taubenhaltung oder neuerdings diese Corona-Krise, die alles viel schwieriger macht. 

Die Jahre vergehen schnell und als „alter Hase“ wird man mit der Zeit den Tauben eher entgegenkommen, wenn man eine Möglichkeit gefunden hat, den Flugtaubensport anders als nach unseren alten Gewohnheiten auszuüben. 

Im Jahr 1978 habe ich meine ersten Hochflugtauben, damals Budapester, bekommen und diese etwa 10 Jahre lang gezüchtet und geflogen. Mit mehr Erfahrung und etwas mehr Weisheit habe ich weiter durch den Umgang mit mehreren Hochflugrassen und letztendlich seit zwölf Jahren mit den Wiener Hochfliegern festgestellt, dass es Zeit war, einige meiner alten Theorien zu ändern und sie an die heutige Probleatik im Flugsport anzupassen. 

Klimawandel und Greifvögel Das ist das heutige Problem! 

Für mich ist es nicht mehr nur die Hochflugleistung mit langen Flugzeiten, um gute Wertungsfluge zu erreichen, aber vorwiegend will ich meine Wiener Hochflieger am Leben halten und dass sie mir durch ihr einzigartiges Flugspiel weiter große Freude bereiten. Das ist mir wichtiger als alles andere. 

Gerade, wenn wir es nicht schaffen unsere Hochflugtauben und Kunstflugtauben an diesen Klima-Umschwung und die häufigen Greifvogel- angriffe anzupassen, werden auch die Wiener, die heute am häufigsten geflogene Hochflugrasse in Deutschland und der westlichen Nachbarländer genauso untergehen wie viele andere Hochflugrassen schon untergegangen sind. 

Seit längerer Zeit beschäftigt mich diese Problematik. Bei meinen Wienern geht es mir darum ihre Fähigkeit und ihr Anpassungspotential an den Klimawandel und seine 6 

erschwerten Wetterbedingungen anzupassen. Plötzlich auftretende, turbulente Thermik, erhöhte, starke Windstärken oder aufkommender Nebel, aufkommende niedrige Wolken, die gerade Hochflieger gefährden, müssen angegangen und ertragen werden. Der Wiener Hochflieger ist eher ein Schön-Wetter-Flieger, sagt man, aber meine müssen auch unter schlechteren Verhältnissen fliegen. Bei sehr starkem Wind und strömendem Regen bleiben die Tauben allerdings im Schlag. 

Gleichzeitig ist mir bewusst, dass die Tauben ständig den Angriffen des Wander-Falken ausgesetzt sind. Es ist oft ein Dilemma sie herauszulassen, aber das Prinzip ist, dass sie trotzdem unter diesem Druck fliegen lernen, so gut es ihnen eben möglich ist. Nur diejenigen, die begabtesten und schlauesten, die diese Prüfungen ohne Zwischenfälle eine ganzes Flugjahr überstanden haben, kommen in die Zucht. 

All diese Elemente sollten in Zukunft bei unseren Auswahlkriterien unbedingt berücksichtigt werden. Die Greifvögel stehen unter Schutz und dies muss respektiert werden. Aber was tun? Ich habe mich seit Jahren ernsthaft der Schulung meiner Wiener Hochflugtauben zugewandt, deren Ziel es ist, die Selbstverteidigung durch das instinktive Antizipieren der Greife zu fördern und durch die Flucht, die einzige Abwehrmöglichkeit für die Tauben. Das Glück ist, dass diese Rasse gut dafür geeignet ist. Gerade ihr nervöses Wesen macht sie sehr aufmerksam für jeden Vogel, der durch den Himmel zieht. Ganz besonders reagieren sie auf den von ihnen gut gekannten Wanderfalken mit seinen Tricks, was sie direkt Hochschießen lässt, um sich über dem Falken zu halten, damit seine Lieblingstaktik von oben in den Taubenschwarm runterzustoßen, dadurch vereitelt wird. Die „zweite Karte im Ärmel“ der Wiener ist ihr zackiges und wildes Links-Rechts-Fliegen, das sehr gut zur Abwehr des Falken geeignet ist, auch wenn der Falke es darauf anlegt nur einer abgesprengten Taube hinterher zu jagen. Alles ist nicht vermeidbar. Wenn der Falke den Schwarm überraschen kann, fallen jedes Jahr Tauben, obwohl die natürliche Auslese existiert, auf dem Ehrenfeld des Kunstflug- und Hochflugsports ihm als Opfer zu. Gerade ist die Selbstverteidigung, das Flüchten, sehr schwierig, für viele Kunstflugtauben ist dies noch schwieriger, die durch ihre Akrobatik etwas gehindert sind. Auch langsam fliegende, seglerartige Hochflieger sind davon stärker betroffen. 

Mein Ziel bis heute war oder ist die Auswahl derjenigen Tauben, die immer effizienter in Bezug auf Qualität und Häufigkeit der akrobatischen Figuren oder bei den Hochfliegern immer längere Flugzeiten erreichen, was unsere Tauben im Endeffekt stärker fördert. Sollten wir den Trend umkehren und die Auswahl von Tauben bevorzugen, die weniger zu rasseigener Akrobatik neigen und mit einfacheren, vielleicht kürzeren Flugzeiten arbeiten, die es ihnen ermöglichen, ihre Sinne besser zu kontrollieren? Sollten wir bei Hochflugtauben nach kürzeren Flugzeiten suchen, um den Himmel schnell wieder zu verlassen? Oder sie zu Kirchturmhöhe fliegende Tauben umschulen? Dies alles wäre fast logisch, widerspricht aber dem reinen Sportgedanken und der immer höher geforderten Leistung, besonders für Flugwettbewerbe. 

So wie ich von den Vorteilen der Spezialisierung überzeugt bin, habe ich die Wahl getroffen, mich intensiv nur noch mit den Wiener Hochflugtauben zu beschäftigen. Ich arbeite mit einer ersten Linie eines saarländischen, bekannten, heute verstorbenen Meisters der Wienerhochflugszene, Karl Kombach, und gleichzeitig mit einigen Tauben, die auf Tauben aus Wien zurückgehen. Eine dritte Linie kommt von einem Spitzenzüchter in der Schweiz, Peter Berger, die ich später erwarb. Dieses Jahr bin ich mit der ersten Linie in der 12. Generation, ohne Einkreuzung fremder Tauben. Linienzucht, gemäßigte Inzucht ermöglicht es, die Kombinationen von Genen festzulegen, die uns interessieren. Mit drei Linien unterschiedlicher Herkunft, aber identischen Leistungen, gibt es die Möglichkeit bei Bedarf, eine Sorte mit der anderen 7 

erneut zu verbessern. Das Einführen von Tauben anderer Herkunft kann das genetische Gleichgewicht meines Gesamtstammes destabilisieren oder versteckte Krankheiten einführen. 

Solange meine Tauben nach meiner Vorstellung fliegen, die ich von einem Wienerflug habe, gibt es keinen Grund etwas zu ändern. Ich kenne die Flugfähigkeit meine Wiener gut genug, um wissen, was in ihnen steckt. Deshalb, wenn sie mal weniger gut fliegen, egal aus welchem Grund, hindert es mich nicht, doch gut darüber hinwegzuschauen. 

Zugegeben, die große Höhe liegt mir vorwiegend am Herz! Das ist Teil des Spiels. Das Adrenalin steigt, wenn sich der ganze Stich in winzige Pünktchen verwandelt, die Wolken begrenzt oder am blauen Himmel flimmernd leuchtet. Alle Hochflugfans kennen dieses Gefühl! 

Dagegen gefällt mir das unsichtbare Fliegen nicht so sehr, außer zu wissen, dass meine Tauben hoch oben stehen, das Ganze ist uninteressant, wenn man nicht zumindest ein kleines Flimmern erkennen kann und noch weniger, weil man überhaupt nicht weiß, was sie da oben treiben. Sind sie wirklich noch über uns im Unsichtbaren oder sind sie zur Seite im Unsichtbaren abgetrieben? 

Die geistige Verfassung 

Es ist erfreulich, wenn man seine Tauben so weit hat, dass sie täglich und regelmäßig hochfliegen. Ich habe viele Sachen mit den Tauben ausprobiert, Fehler gemacht und den Preis dafür bezahlt, aber ich hatte auch gute Erfolge. 

Heute richtet sich mein Interesse mehr auf unkonventionelle Dinge bei den Tauben, zum Beispiel beobachte ich die geistige Verfassung, die Mentalität, die Moral und der Zusammenhang mit dem Hochfluggeschehen und der Flugleistung. In Gesprächen oder in der Literatur wird wenig, fast nie über geistige Verfassung bei den Tauben gesprochen. Komisch ist nur, wenn man dieses Thema bei einfachen Tauben erwähnt, wird es kaum seriös angesehen und lässt manche Sportfreunde schmunzeln. Bei menschlichen Athleten, die einen Sport ausüben, ist der Moral von größter Bedeutung. Das ist die reine Tatsache, eine Realität, die jeder gute Trainer zu schätzen weiß. 

Warum sollte es bei den Flugtauben anders sein? 

Alle Tauben sind sensibel und lassen sich leicht beeinflussen, also nutzen wir diese Gelegenheit durch unsere Aufmerksamkeit und gute Pflege, um unsere Lieblinge zu konditionieren und zu stimulieren. Gut im Kopf, gut im Körper werden die Akrobaten ihren Kunstflug euphorisch und die Hochflieger ihre Flüge viel nachhaltiger ausführen als eine gestresste und demoralisierte Taube oder einfach nur durch unangepasste Haltung unlustige Taube. 

Die gesuchte und wertvolle Hochform kann schwankend sein, und dafür gibt es viele Gründe, aber kein vorgefasstes Schema. Wenn die Moral stimmt, schrecken die Wiener nicht schnell vor Thermikströmungen zurück, aber doch hier lauert die Gefahr, dass der ganze Stich in einen Abdreh- oder einen Abschiedsflug übergehen kann. Ihre Entschlossenheit zeigt, dass sie die gute und angepasste Flughöhe zuerst suchen, um unnötig ihre Energie zu verschwenden, um Kraft zu sparen und im Endeffekt den Flug besser durchzustehen. 

Man kann auch vermuten, dass gerade die Suche nach der richtigen Höhe dazu führt, dass manche Hochflugtauben mehrmals die Höhe wechseln bis sie die gewünschte Zone gefunden haben und dort verweilen. Es ist also nicht unbedingt so, wie wir oft glauben, ein Mangel an Willen oder Form oder eine Frage der Fütterung, wenn sie nicht gleich von A bis Z in Oberer Höhe fliegen. 

Bei den Wienern wird oft behauptet, dass ein Abdreh-Flug auf ihre Nervosität zurückgeht. Für mein Verständnis hat diese Rasse nun viel Temperament, was aber mit Nervosität direkt nichts zu tun hat. 8 

Der schnelle und sehr lebhafte Flug, eher bei den Stilfliegern, wie man so sagt, kann leicht als nervös bezeichnet werden. Wirklich nervöse Wiener werden explosiv, weil sie Angst vor etwas haben, vor dem Falken oder anderen Ursachen und sie fliegen dann ganz anders. 

Nur ein aufmerksamer Beobachter, der diese Rasse gut kennt, wird merken, dass etwas nicht mehr am Synchronismus des Fluges stimmt, an der Flugharmonie oder er merkt den schlechten Zusammenhalt des Stiches. Die Flügelschlage können etwas zottelig werden und der ganze Stich kann in manchen Fälle ein „Kesseln“ zeigen oder ein stürmisches „Gerade-aus-fliegen“ ähnlich wie ein durchdrehendes Pferd. 

Unter der Einwirkung von Stress wie bei einem Angriff, knallen einige Tauben aus dem Stich und verlassen das Flugfeld während andere, die sich besser beherrschen, nicht aufgeben, höher steigen und weiter fliegen. Abgesprengte Wiener finden sich oft wieder zusammen und werden sich gegenseitig beruhigen, indem sie weiter fliegen können… oder auch landen. 

Natürlich macht ein Angriff sie sofort nervös, aber der Stress lässt eigentlich schnell nach. Ich habe den Eindruck, dass diese Tauben glauben, sie seien souverän am Himmel. Entweder sind sie ohne Bewusstsein oder sie sind völlig hemmungslos. 

Auf der anderen Seite wird eine Katze, die auf dem Dach ihres Taubenschlags herumläuft, den Ausflugkasten näher untersucht oder gegen den Zaun der Voliere springt, sie in größte Panik versetzen, obwohl der Schlag sie schützt und die Gefahr kein direktes Risiko darstellt. Infolgedessen hatte ich schon Tauben gehabt, die sich nicht mehr trauten auf dem Schlagdach zu landen und lieber zwei Tage draußen sitzen blieben bis der Hunger sie wieder in den Schlag getrieben hatte. 

Als aufmerksame Beobachter müssen wir uns den Tauben zuwenden und auf sie letztendlich hören, denn unbestreitbar sprechen unsere Tiere durch ihr Verhalten im Schlag und am Fliegen zu uns. Die schlechte Flugform, die sogenannte Missform, hat verschiedenen Ursachen, kann aber ein erstes Zeichen zur Änderung des Wohlbefindens der Tauben sein. Es soll auch nicht gleich heißen, dass eine Krankheit unterwegs ist, aber diese Möglichkeit besteht besonders bei zugekauften Tieren oder mit zugeflogenen Tauben, immer häufiger mit verirrten Brieftauben, denen gegenüber ich größtes Misstrauen hege, gerade weil ich schon einmal vor vier bis fünf Jahren schlechte Erfahrungen mit in den Schlag eingesprungenen und erkrankten Brieftauben gemacht habe. 

Ein Virus Zeitraum. 

Bei Tauben ist es nicht immer einfach zu entscheiden, was zu machen ist, wenn eine Krankheit ausbricht. Empfehlungen sind manchmal nützlich, haben aber ihre eigenen Grenzen. Dennoch muss man eine dringende Lösung im Fall einer Virus-Erkrankung finden. Jeder verlorene Tag oder Stunde kann die Folgen einer Krankheit noch verschlimmern. Anstatt Zeit damit zu verschwenden nach unterschiedlichen und phantasievollen Meinungen nach links oder rechts zu suchen, ist es am besten, sofort einen für Taubenpathologie zuständigen Tierarzt oder ein auf Tauben spezialisiertes Labor zu konsultieren, die eine korrekte Diagnose stellen und die richtigen Medikamente oder Impfstoffe gleich liefern, um die festgestellte Krankheit zu bekämpfen. 

Kurz gesagt, ich bin nicht und spiele nicht den Tierarzt, denn ich habe keine Kompetenz dazu, aber als einfacher Züchter und Pfleger kann ich nur feststellen, dass wir und unsere Tauben in einer Viruswelt sonders gleichen leben. 

Für uns selbst haben wir unter anderen die Corona Krise und die Covidvarianten und die festgestellten Tragödien bei vielen Leuten oder Familien. Zum Glück gibt es die Möglichkeit der Impfung. 9 

Bei den Tauben nehmen die Virus-Erkrankungen überhand, so dass man die Krankheitserreger wie Trichonomase, Coccidiose, Würmer befall, wenn man diese nicht überhandnehmen lässt, eher als Kleinigkeit bezeichnen darf, wenn man das so sagen kann im Vergleich von Virus-Infektionen, die gleich schlimme Folgen wie Todesfälle bei den Tauben haben. So ist die Paramyxovirus/ Newcastle-Krankheit und das Impfen gegen diese Krankheit, die uns heute gut bekannt ist, und gar eine Pflicht in den Taubenbeständen geworden ist. Es ist eine Weile her, dass das Typ 1 aufgetreten ist, Jungtauben-Krankheit genannt, weil dies Jungtiere von 3 bis 6 Monaten betroffen hat. Weiter kam der Typ 2, der auch erwachsene Tauben infiziert. 

Die nächste Variante, Immun suppressive Circoviren, betrifft alle Tauben allen Alters und Konditionen, aber wird oft noch aus Bequemlichkeit Jungtauben-Krankheit genannt. Dieser Circovirus ist hartnäckiger und taucht jedes Jahr in vielen Zuchten einmal auf. Der zuletzt aufgekommene Gastro-Enteritis Rotavirus wurde 2016 in Australien entdeckt, welcher von Wildvögeln anscheinend auf Brieftauben und Haustauben übertragen wurde und 2017 in mehreren europäischen Ländern nachgewiesen wurde. Antibiotika sind gegen diese Viren unwirksam. Ich glaube schon, dass die Tierärzte recht haben, dass nur ein wirksamer Impfstoff als Vorbeugung dient, um diese Viren zu bekämpfen, sie zu bremsen oder zu stoppen. Die größte Aufmerksamkeit muss uns dazu animieren in- dem man täglich ein Auge über seinen ganzen Taubenbestand im Schlag wirft, um gleich zu sehen, wenn etwas nicht stimmt. Eine gesunde Taube im Körper und im Kopf sucht Kontakte, kommt einem entgegen, zeigt Freude uns gegenüber und ist neugierig auf alles. Spontan werden die Hochflieger mit Schwung und Kraft schnell hochsteigen und die Kunstflugtauben ihre Schau vorbildlich ausüben. 

Die Sporttaubenpraxis entwickelt sich laufend weiter und bleibt vor allem eine Inspirationsquelle für die Enthusiasten, die wir sind und diejenigen, die es bleiben wollen. Das macht unser Hobby attraktiv, interessant und schön. Unsere Flugtauben sind es wert, dass man sie mit Sorgfalt behandelt und ihre Moral bewahrt. Die Tauben sind alle unterschiedlich im Charakter, im Ausdruck, in der Haltung unterschiedlich, aber alle sind sensibel und entwickeln ein gutes, uns dankbares Verhalten. Sie zeigen gern einen guten Willen unter einer Bedingung: Hinwendung und Beobachtung vom Züchter und Trainer, der Verstand dafür hat.

Roby LUNG, Ingwiller /Elsass

Flugsaison 2019,  Hitzewelle und Abschiedsflüge

Ein Bericht zu einer doch speziellen Flugsaison, von unserem Zucht- und Vereinsfreund  Roby Lung Ingwiller / Elsass!

Diese Flugsaison 2019 war von der Wetterlage eigentlich ganz gut: Sonne, blauer Himmel, gute Thermik fast von April bis Ende September. Ein tolles Verhältnis  zum Fliegen außer ein nasser Oktober der sich teilweise im November fortsetzte. Die Hitzewelle hat sich wochenlang hingezogen, was lästig sein kann, mit Konsequenzen für manche menschlichen Organismen, wie auch für unsere fliegenden Tauben. Tatsache bleibt das eine anhaltende  Hitze aufgrund von Sauerstoffmangel, ein Formfresser sein kann für Sportstauben.  Umso vernünftiger ist es in diesem Fall, die Tauben frühmorgens in die Frische freizulassen. Die Wiener vertragen eigentlich die Hitze gut und haben sich deshalb während der dicken Hitzewelle bei uns im Elsass gut durchgeschlagen, außer der Flugzeit die nicht schlecht war aber auch nicht die Beste, im Vergleich was sie sonst zeigten.   2019 hat mir mehr emotionale Ladung gebracht als jede andere Flugsaison in den letzten 10 Jahren. Besonders die extreme Flughöhe  an jedem Flug vom Frühjahr bis Ende Sommer war für meine Vorstellung das Beste was meine Tauben an klassischen Wienerflügen gezeigt haben: Schnelles aufsteigen  auf Punkthöhe, harmonisch und   eleganter, beweglicher Flug,  mit werfen, und kantiges links-recht fliegen. Es sind genau diese Original- Eigenschaften die ich sehr zu schätzen weiß. Manche ,Züchter legen keinen Wert auf diese “Stilelemente“, oder sagen es, weil ihre Wiener Stämme das nicht so perfekt zeigen wie gewünscht. Andere wiederum Denken eher an Leistung und legen mehr Wert auf lange Flugzeiten und benutzen dafür Langflugwiener. Jedem seiner Sache!  Persönlich ist es für mich schon eine Weile her,  dass ich hinziehende, lange Flugzeiten von 5 Stunden und mehr nicht mehr mag. Besonders nicht bei meinen Tauben weil ich mich sonst nicht genug konzentrieren kann auf die reine Flug-Ästhetik. Gerade das, was mir eben am besten gefällt, bei dem Wiener Hochfliegern. Deshalb war es auch der Grund, warum ich  mich von meinen Ciung Hochfliegern getrennt  habe und keine Budapester mehr züchte und fliege, wie in den 1980er Jahren.      

Jeden Tag konnte ich während der Hitzewelle bereits um 6h30 ein Team hochjagen. Die Tauben waren die Hälfte der Flugzeit in Punkthöhe  und flogen  um die 2 bis  2 ½ Stunden  aber weniger  als die 3 bis  3 ½ Stunden, was sie sonst in der Lage sind,  zeigen können. Warum das dieses Jahr so war, kann ich nicht genau erklären, Hitze? Fütterung? Das Abbauen der Tauben nach dem ersten Abschiedsflug vielleicht eher ?  Immerhin  habe ich doch 3 Preisflüge gemacht die mir, vom Flugverhalten, sehr gut Gefallen haben. Das schnelle Aufsteigen in 5 Minuten und  die große Höhe hat wunderbar gestimmt, nur die Zeit war  knapp für einen ersten Platz im Wettbewerb. Das gehört auch zum Preisfliegen denn es kommt vor, dass die Umstände nicht immer zu einem extra Ergebnis führen. Wer Hochflug sagt, spürt Adrenalin. Es ist  ein Glück, wenn alles gut abläuft. Wenn die Tauben täglich extrem hoch gehen macht mir das natürlich Freude. Aber wenn die auch noch unsichtbar werden, (was ich besonders hasse und  fürchte). Wenn ein Abschiedsflug  am Horizont steht, stresst mich das, und dann bekomme ich es manchmal mit der Angst zu tun. Um Angst zu haben, muss man etwas Gutes  zu verlieren haben. In meinem Fall war es ein ganzer Stich von 26 Elite-Tauben in Vorbereitung zum Preisfliegen,  mit der ganzen Arbeit im Hintergrund. Deshalb musste ich mein Management überprüfen, indem ich mir überlegte, mit welchen Mitteln ich meine Tauben in sichtbarer Höhe halten kann. Auch die verschiedenen Aspekte des Warum und Zustandekommens dieses ersten Abdrehfluges zu verstehen, wenn Überhaupt was zu verstehen ist! Wahrscheinlich muss ich das nicht gut kapiert haben, denn  5 Wochen später hatte ich einen zweiten Abdrehflug. Besser gesagt ein Wegfliegen, denn  der Verluste von 4 tauben war eigentlich gering.   Es war doch ein Schock.  Deshalb habe ich ab dann ständig versucht, meine Tauben mit verschiedenen Mitteln zu bremsen.  Das unsichtbare Fliegen in gewissen Momenten  hat mich besonders  geärgert. Ich habe keine Freude daran  und hasse wenn meine Tauben unsichtbar herumwandern. Mein guter Freund  Dr Thierry Roy, Tierarzt, der auch Wiener fliegt in Martigues / Sud Frankreich ist einer der besten Flugtauben-Kenner Frankreichs  und Autor des Buches“ Die Kunstflug und Hochflugtauben“ ( Les pigeons de vol acrobatique et de haut vol). Er sagte mir, dass wenn seine Wienern sich unsichtbar aufhalten, droppt er sie sofort herunter, mit 15 spielende Kelebek, was  einwandfrei funktioniert.      Aus Tradition  habe ich noch nie Dropper eingesetzt um Hochflieger anzulocken aber ich fand den Gedanken eigentlich sehr gut.  Ein abdrehendes Taubenteam, egal ob es sich um 3  oder um 30  handelt, egal aus welchem Grund, ob die Tauben verloren gehen, oder teilweise mit Glück zurückkehren, hat immer was mit der Flughöhe und der großen Form  zu tun, denn normalerweise hauen die Tauben nicht ab. Die Greifvogel-Verfolgung kann man auch als Grund dazuzählen.   Eigentlich habe ich noch nie viele Abschiedsflüge  gehabt vielleicht 2 -3 in den letzten  10 Jahren. Diese Flugsaison  hatte ich 2  innerhalb  5 Wochen und fast einen Dritten im Oktober

Ein Teil der 26 Wiener (4 Monate alt) der Krombach- Linie, kurz vor dem 1. Abdrehflug!

1. Abdrehflug:      12. Juni 2019 starte ich 26 meiner Wiener, Abstammung Krombach, morgens  um 6:45. Die steigen  innerhalb 5 min in Oberluft und zeigen den klassischen links, rechts Zickzack- Flug. Sie behielten diesen Rhythmus etwas über 1 Stunde, aber ich spürte, wie sie dann sehr nervös wurden und dann immer höher und weiter in die Ferne zogen, bis  sie endgültig verschwanden.  Das einzige, was ich sagen kann, ist, dass sie eng gruppiert waren  und nicht verstreut wie bei einem Angriff.  In diesem Fall  schaue ich immer nach der Stelle, an der sie zuletzt aus dem Blickfeld verschwanden und habe den Eindruck gehabt einen Raubvogel gesehen zu haben, aber wegen der Entfernung würde ich das nicht schwören. Trotzdem habe ich den ganzen Tag, keine einzige Taube mehr gesehen. Am Abend kehrten 7 Tauben getrennt zurück. Am nächsten Tag 3 Tauben und danach nichts mehr. Ich hatte 10 wiederkehrende  und 16 fehlende Tiere, von 26.

2. Abschiedsflug:       19. Juli um 7h30 Uhr jagte ich 25 Tauben auf.  Gleich zeigten die eine wirklich ungewöhnliche Art und Weise nach oben zu klettern, vertikal wie im Aufzug immer  höher und höher bis außer Sicht. Ich glotze lang  nach oben, aber wenn ich nach 1bis 2 Stunden Überhaupt  keine Tauben mehr sehe,  ist was faul. Nach 3 Stunde immer noch keine Tauben einzeln oder verzottelt am Himmel.  Ich verliere die Hoffnung, und nach 4 Stunden gebe ich auf. Bin moralisch fertig, besonders nach einem ersten Abdrehflug, der mir immer noch auf dem Magen liegt. Verzweifelt und müde von der Suche,  lege ich mich ein bisschen hin. Nach Bedenken über all diese schönen Flüge. Diese  25 Wiener, Abstammung und Nachzucht der Berger-Sorte, mit der ganze Trainingsarbeit die da hinter steckt,  dachte ich am liebsten  ganz mit dem Hochflugsport aufzuhören. Gegen 12h30  kommt meine Frau nach Hause und sieht an meiner Begräbnis-Figur  sofort, das etwas schief gelaufen ist.  Ich erzähle ihr den Verlust meinen Tauben, sie aber  lächelt und kündigt an, dass draußen meine Tauben herumfliegen. Ein Wunder! 20 von den 25 Tauben drehen  tatsächlich um das Dach und landen endlich nach 4 Std 45min.  Am nächsten Tag kehrte eine andere Taube zurück.  Noch 4 verloren, aber glücklich das ich nicht das Schlimmste erlitten habe. Ich kann nicht sagen was passiert ist, aber weil der Stich zusammen aufgetaucht ist, vermute ich eher das die Tauben unsichtbar oben drüben waren, eventuell auch etwas weiter abzogen.   Ab diesen Flug  entschloss ich mich endlich, den Rat meines Freundes Thierry Roy  zu folgen. Zum Teufel die Tradition, wenn es sich um das Wiedersehen meiner Tauben handelt. Da ich keine anderen Rasse habe zum Droppen  habe ich dafür einen zweiten Stich jüngerer Wiener hochgelassen. In 10 Minuten waren sie in mittlerer Höhe, das reichte aus und die ersten glitzernden Pünktchen  erschienen über ihnen. Dann engagierte sich  eine atemberaubende Show mit der ich nicht rechnete. Der eine Stich am Hochsteigen der andere am Sinken in einem  tanzenden Ballet  mit prächtigen Flugfiguren  bis zum  Zusammenschmelzen   beider Stiche. Einen Pulk von nahezu 50 Wienern tummelte sich geschlossen weiter so, aber zumindest in sichtbarer Höhe.

Teil der zurück gekommenen Wiener (7 Monate alt) der Berger-Linie, vom 2. Abschiedflug!

3. Fast-Abschiedsflug:     9. Oktober 8h starte ich  mit 21 Wienern nach 8 Tagen Pause wegen schlechtem Regenwetter. An diesem Tag war das Wetter auch nicht sehr gut, graue durchziehende Wolken aber doch spielbar, so glaubte ich. Habe nur vergessen  dass die Wetterlage sich schnell  verschlechtern kann. Die Ankunft von tiefen  nebligen Wolken und schon hatten wir es. Ich hätte nie gedacht, dass die Tauben unter diese Bedingungen  doch hoch gehen. Einige tiefere Wolken und schon waren die Wiener darin absorbiert. Von Zeit zu Zeit, weil sie etwas tiefer gingen, konnte ich sie diffus wie Geister im Nebel wahrnehmen.  Der Himmel wurde plötzlich in wenigen Minuten tief schwarz  mit starkem  Wind und ein heftiger 20 Minuten langer Regen der die Tauben schließlich total verschluckte. Später nach  Aufheiterungen, war keine Spur mehr von Tauben zu sehen.  Vielleicht aus Intuition oder Vorahnung, habe ich mich auf das Einfallsreichtum, die Intelligenz und den Orientierungssinn meiner Tauben verlassen, was dieses Mannschaft  mehrmals zuvor gezeigt hat, denn es handelte sich um die zurückgekommenen Berger-Tiere vom 2. Abschiedflug. Gegen 15 Uhr kam eine Gruppe von 7 Tauben geschlossen, 2 stunden später  noch  8 Stück ebenfalls geschlossen  und sehr müde. Vor der Nacht fand ich noch 3 im Taubenschlag. Die 3 Vermissten kamen am nächsten Tag, also hatte ich sie alle wieder.

Wiederum hab ich festgestellt, dass ein Jahr nicht dem anderen gleicht und diese Flugsaison  2019  werde ich nicht so schnell vergessen. Ich habe mehr Tauben verloren dieses Jahr durch das Abdrehen (etwas 22) als durch die Krallenkompanie geschnappt wurde. ( 4 Tauben getötet und gerade so viel, leicht verletzt ).  Und doch! Gibt es was Schöneres für  Hochflug und Kunstflug Liebhaber,   als seinen Tauben beim Spielen, Rollen, Hochfliegen zuzusehen.  Ich würde ohne Zweifel  sagen, es gibt was Schöneres: Sie alle wieder gesund und munter im Taubenschlag zu haben. Tauben die aus den Krallen des Falkenkonsortiums immer wieder ausgewichen sind, einen Abschiedsflug durchgemacht haben und retour gekommen sind, verdienen den Respekt des Züchters. Nachdem sie stundenlang gegen die Elemente gekämpft haben, ihren Weg gesucht haben, erschöpft aber  durchgehalten haben bis nach Hause, ist es doch  die größte Freude, die uns die Tauben machen können. Gerade diese mutigen, intelligenten  Flieger müssen für die Fortpflanzung eingesetzt werden und  gehören mit Sicherheit in die Zucht. Es ist natürlich üblich das diese Tauben nach der „ Tradition des Wienerfluges“ im Spät- Herbst und Winter nicht den Gefahren der Greifvögel unnötig ausgesetzt werden, nun in Ruhe im Schlag überwintern und auf die nächste Zuchtsaison im Frühling warten.

Mit den neu geborenen 2020 jungen kann es dann wieder losgehen, in der Hoffnung bessere Resultate als mit meinen 3 folgenden Preisflügen 2019 im DHC  und CFPCHV zu erreichen: 

413pkt / 133 Minute /  3.14  index  

402 “   /  160 “         /   2.15                                                           

345 “   /   103 “       /    3.34                                                           Robert LUNG